craftivist collective - Northumberland craftivist kate rowley patch and her - flickr - CC BY 2.0

Gender-Pay-Gap – aktuelle Situation und Maßnahmen

In der heutigen Zeit gehen mehr Frauen einem Beruf nach, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Ihre Qualifikation ist oft vergleichbar mit der von Männern, trotzdem verdienen sie in Deutschland nach wie vor weniger Geld als Männer. Obwohl das Thema in den letzten Jahrzehnten viel mehr Aufmerksamkeit bekommen hat, hat der Unterschied in den Verdiensten von Männern und Frauen weiter zugenommen. Die Lücke zwischen den Geschlechtern verstärkt sich nicht nur in Deutschland, obwohl die gesellschaftliche und politische Debatte immer stärker wird. Der Gender-Pay-Gap ist ein Strukturindikator, der den prozentualen Unterschied der Verdienste von Männern und Frauen angibt.

Der Gender-Pay-Gap in Deutschland

Im Jahr 1991 wurde der Gender-Pay-Gap erstmals ermittelt, damals verdienten Frauen im Monat Brutto 566 Euro weniger als Männer. Im Jahr 2005 stieg der Wert auf 613 Euro und im Jahr 2012 weiter auf 670 Euro. Die Messung im Jahr 2018 ergab eine Differenz von 643 Euro. Im Jahr 2019 betrug der prozentuale Gender-Pay-Gap noch 20 Prozent. Im Jahr 2009 lag die Marke noch bei 23 Prozent, bis 2015 sank sie auf 22 Prozent und schließlich auf 21 bzw. aktuell 20 Prozent. In Deutschland wird ein sehr starkes Ost-West-Gefälle sichtbar. Während in Baden-Württemberg ein Gender-Pay-Gap von 21 Prozent vorliegt, beträgt dieser in Thüringen nur 7 Prozent. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass die Lücke in den westlichen Bundesländern abnimmt, während sie im Osten aktuell wächst. Die volkswirtschaftlich leistungsfähigen Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen weisen aktuell den höchsten Gender-Pay-Gap auf. Die wirtschaftlich schwachen Bundesländer im Osten der Republik weisen aufgrund der Historie einen geringeren Unterschied auf. Außerdem ist feststellbar, dass der Unterschied mit zunehmendem Lebensalter steigt. Bei Frauen im Alter zwischen 25 und 30 Jahren beträgt der Unterschied zu den Männern nur 15 Prozent. In der Altersgruppe bis 40 Jahren beträgt die Lücke bereits 19 Prozent und bei den über 50-Jährigen schließlich 25 Prozent.

Gründe für den Gender-Pay-Gap

Die unterschiedliche Berufswahl von Männern und Frauen übt einen großen Einfluss auf den Gender-Pay-Gap aus. Es gibt einige Branchen mit einem besonders hohen Anteil an Männern bzw. Frauen. Aus verschiedenen Studien geht hervor, dass Frauen überdurchschnittlich oft in Berufe mit einer unterdurchschnittlichen Bezahlung gehen. Es geht dabei nicht um eine geringere Produktivität oder Effizienz, durch welche die Ungerechtigkeit ökonomisch gerechtfertigt werden könnte. Studien zeigen, dass typische Frauenberufe häufig unterbewertet werden und typische Männerberufe häufig überbewertet werden. Frauen wird häufig eine geringere Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit nachgesagt und darüber werden die geringeren Löhne gerechtfertigt.

Die typischen Niedriglohnberufe in den Bereichen Reinigung, Gesundheit und Verkauf weisen einen sehr hohen Frauenanteil auf. Männer hingegen besetzen fast doppelt so viele Führungspositionen wie Frauen. Frauen arbeiten wesentlich häufiger in Berufen, die keine bestimmte Qualifikation erfordern. Bis heute sind in den technischen Berufen lediglich zwölf Prozent der Auszubildenden weiblich. Bei den Studierenden in den Bereichen Technik, Informatik, Naturwissenschaften und Mathematik sind lediglich 30 Prozent der Studienanfänger weiblich.

Gründe für diese Berufswahl sind in der Regel die gesellschaftlich geprägten Geschlechterrollen. Die Strukturen in den Berufen sind mittlerweile zum Großteil geschlechtsneutral, dennoch gibt es eine gesellschaftliche Trennung zwischen Frauen- und Männerberufen. Frauen orientieren sich stärker in Berufe, die eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie versprechen als andere. Frauen sind in der Gesellschaft immer noch für die Erziehung der Kinder und den Haushalt verantwortlich. In den meisten Unternehmen sind Lohnverhandlungen und Aufstiegsmöglichkeiten intransparent. Frauen können nicht in eine Führungsposition aufsteigen, weil die Geschäftsführung Vorbehalte hat. Aufgrund des traditionellen Rollenbildes würden Frauen ausfallen, wenn die Kinder krank sind oder sie schwanger werden. Aus diesem Grund werden Männer bevorzugt. Eine familienbedingte Unterbrechung der Berufstätigkeit bedeutet oft einen Knick in der Gehaltskurve. Während die Gehälter von Männern und Frauen unter 30 sich in etwa gleich entwickeln, stagnieren die Gehälter der Frauen nach der Geburt des ersten Kindes. Danach gehen Frauen oft nur Teilzeit arbeiten und haben dadurch kaum Aufstiegschancen. Obwohl heute immer mehr Frauen arbeiten gehen, fällt die Aufgabe der Kinderbetreuung ihnen trotzdem zu. Sie werden dadurch häufig überlastet und können im Beruf keine guten Leistungen erbringen.

Bestimmte Maßnahmen können dem Gender-Pay-Gap entgegenwirken

Es gibt auf verschiedenen Ebenen Maßnahmen, durch die der Gender-Pay-Gap vermindert werden soll. EU, Bund und Länder haben große Förderprogramme auf den Weg gebracht, Betriebe und Kommunen versuchen gezielt, gegen die Ungleichheit vorzugehen. Frauenorganisationen und Gewerkschaften fordern schon seit Jahren, dass für gleichwertige Arbeit der gleiche Lohn gezahlt werden müsse. In Deutschland und der EU gibt es Gesetze, die eine Lohnungleichheit verhindern sollen. Der rechtliche Druck auf Staat und Unternehmen wurde dadurch stark erhöht. Die Politik hat in Deutschland nur einen geringen Einfluss auf die Lohnbildung, weil die Tarifautonomie einen hohen Stellenwert genießt. Die Tarifpartner müssen selbst dafür sorgen, dass die Löhne gerecht sind. Der Staat versucht in anderen Bereichen Unterstützung zu leisten. Die Angebote zur Kinderbetreuung werden ausgebaut, das Elterngeld wurde eingeführt und die Kosten für die Kinderbetreuung sind steuerlich absetzbar. Unternehmen versuchen durch den Girls’ Day gezielt Frauen für technische Berufe zu begeistern.

Deutschland liegt im oberen Bereich

Mit einem Gender-Pay-Gap von 21 Prozent liegt Deutschland relativ hoch im Vergleich zu anderen Staaten. Im Jahr 2018 wurde in der EU eine Differenz von 15,7 Prozent festgestellt. Rumänien hat innerhalb der EU die Spitzenposition, weil die Ungleichheit hier lediglich 3 Prozent beträgt. Auch Belgien, Italien und Luxemburg stehen im Vergleich sehr gut dar, sie weisen eine Ungleichheit von maximal 6 Prozent auf. Das zeigt auch, dass eine starke Volkswirtschaft nicht automatisch zu einer großen Ungerechtigkeit führen muss. Den größten Unterschied zwischen den Einkommen der Männer und Frauen gibt es in Estland mit 22,7 Prozent, Deutschland liegt auf dem zweiten Platz. Die Slowakei, Österreich und Tschechien weisen ebenfalls sehr hohe Unterschiede auf. Deutschland steht aufgrund des Vergleichs unter Zugzwang und muss den Abbau der Ungleichheit der Löhne fördern. Der Gender-Pay-Gap rückt auf der politischen Agenda immer weiter nach vorne, doch bisher hat sich nicht viel geändert.

Bildnachweis: craftivist collective – Northumberland craftivist kate rowley patch and her – flickr – CC BY 2.0

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